
Teppiche

Wer kennt sie
nicht, die Träume aus 1001 Nacht? Riesige Stapel prachtvoller
Orientteppiche auf denen sich leicht bekleidete Haremsdamen
räkeln. Der Inbegriff von Luxus - ein echter handgeknüpfter
Teppich aus edlen Naturmaterialien, praktisch unverwüstlich und
ein edler Schmuck für jede Wohnung. In den ersten Jahren des
türkischen Tourismusbooms (so um 1980) kauften noch sehr viele
Besucher einen echten türkischen Teppich und nahmen ihn als
Andenken an einen ganz besonderen Urlaub mit nach Hause.
So um 1990
schossen überall Teppichgeschäfte wie Pilze aus dem Boden. In
diesen Zeiten gab es in Kemer schon mal 36 Teppichläden, die
alle gut verdient haben. Der gesamte Markt an echten Teppichen
in der Türkei wurde binnen weniger Jahre praktisch leer gekauft.
Die kleinen Teppichmanufakturen in den Nomadendörfern haben nun
Großhändler übernommen, die jetzt auf Bestellung und in Serie
produzieren ließen. Aus der unabhängigen Knüpferin, die in
Heimarbeit werkelte, wurde eine Angestellte mit Akkordvorgaben.
Die Löhne fielen, aber die Preise für handgeknüpfte Teppiche
stiegen ins Uferlose.
Die
Massenware erreicht nun bei weitem nicht mehr die Qualität
früherer Angebote. Mit dem Fall der Sowjetunion waren auf einmal
auch die Grenzen zu den östlichen Nachbarstaaten offen und
Handelsbarrieren wurden abgebaut. Billige Importware schwemmte
auf den Markt und wurde kritiklos mit einheimischer Ware
vermischt. Die Preise für Teppiche in den Touristen Gebieten
blieben astronomisch. Ein Teppichhändler erklärte mir die Lage
so: "Bei Teppichen ist der Gewinn durch die Preisunterschiede
zwischen An- und Verkauf höher als im Drogenhandel!" In wie weit
er damit recht hat können wir natürlich nicht beurteilen.
Seit etwa
2000 hat die Türkei nun ganz auf Massentourismus gesetzt.
Unzählige Mammuthotels wurden an die Küste geklotzt und die
Besucherzahlen scheinen jedes Jahr alle Rekorde zu brechen.
Diese neuen riesigen Bettenkapazitäten ließen sich nur über
größere Preisnachlässe und zusätzliche Vergünstigungen füllen
(z.B. Ultra-All-Inclusive...). Bei diesem Preiskrieg um immer
mehr Touristen für noch weniger Geld blieben unter anderen viele
Teppichhändler auf der Strecke. Zwar kamen zunehmend mehr
Touristen, aber diese waren keine potentiellen Käufer
hochwertiger (teurer) Teppiche mehr. Wie im Hotel wollen diese
immer nur mehr für immer weniger Geld, sofern sie dieses
überhaupt noch zur Verfügung haben. So kam es auch hier dazu,
dass die Teppichläden verschwanden und heute (2011) nur noch
etwa fünf in Kemer zu finden sind.
Etliche
unseriöse Teppichhändler brachten zudem die gesamte Branche mit
ihrer billigen Ramschware zu weit überhöhten Preisen in Verruf.
Da werden denn auch sehr trickreich künstliche
"Alterungsmethoden" eingesetzt, so dass sich das Angebot echt
"antiker" Ware erhöhte statt zu schrumpfen. Dann werden noch
phantasievolle Zertifikate angebracht, um diesem Treiben den
Anschein von Seriosität zu vermitteln. Selbige sind meistens das
Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Wir weisen
darauf hin, dass echte alte Teppiche sowieso nur mit Erlaubnis
der örtlich zuständigen Museumsbehörden ausgeführt werden
dürfen. Der Ärger am Flughafen, bei Missachtung dieser Regeln,
wird ansonsten garantiert zu einem unvergesslichen
"Reiseerlebnis" werden.
Der Kauf
eines guten Teppichs, ja auch solche gibt es noch, ist in
zunehmendem Maße Vertrauenssache. Darüber hinaus setzt er ein
gewisses Maß an Vorkenntnissen voraus, um die echten "Perlen"
aus der Menge herauszufinden. Zumindest sollten die
traditionellen Muster, die Macharten und die Materialien bekannt
sein. Dem Schwall der Phrasen wortgewandter Verkäufer sollte man
auch zu fortgeschrittener Stunde stets selbstkritisch entgegen
treten. Der weltbekannte Maler Kandinsky müsste eigentlich, ob
der Massenverramschung seiner Motive, endlos im Grab rotieren.
Ein echter
handgeknüpfter türkischer Teppich ist die Zierde einer jeden
Wohnung und den so genannten "Persern" mindestens ebenbürtig.
Wer denn also einen solchen erwerben will, sollte sich nur
entsprechend vorbereitet auf die Suche danach machen. Die
Liefermodalitäten, denn nicht jeder Flieger nimmt größere Stücke
mit, sollten dann auch gleich auf verlässlicher Basis
festgeklopft und Vorauszahlungen auf eine Minimalsumme
beschränkt werden.
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