
Motorrad-Fahren in Kemer

Es gibt ja eingefleischte Motorradfans, die auch im Urlaub
nicht von ihrem Hobby lassen wollen. Das eigene Motorrad
mitzubringen ist praktisch unmöglich, also kann man sich ja hier
eine Maschine ausleihen und dann durch die Gegend düsen. Wer
sich im türkischen Straßenverkehr gut auskennt und auch die
Zuverlässigkeit der hier angebotenen Motorräder selbst
einschätzen kann, soll tun was er nicht lassen kann. Aber allen
anderen, die bloß weil sie die Maschinen am Straßenrand stehen
sehen, denken - ach es wär doch mal ganz nett mit dem Motorrad
die Gegend zu erkunden... - all denen können wir nur dringend
davon abraten!

Der Verkehr ist schon mit dem Auto schlimm genug, man muss
sich nicht leichtsinnig auf einem Zweirad in Lebensgefahr
bringen. Die Straßen sind einfach nicht für Motorräder gebaut.
Im Sommer schmilzt der Asphalt und die Straße wird zu einer
einzigen Teerpfütze. Im Winter vermischt sich der Regen mit dem
Staub und dem Ölfilm auf der Straße zu einem rutschigen
Gleitmittel. Von den tiefen Schlaglöchern und Bodenwellen mal
ganz zu schweigen. Dazu kommt noch eine unberechenbare
Schotterung wild über der Fahrbahn verteilt aufgehäuft.

Die wenigsten Touristen tragen eine Lederkombi und einen
passenden Helm. Es ist ja so heiß und da fährt man mal eben in
Badelatschen, Shorts und T-Shirt. Die deutsche Rettungsflugwacht
holt jedes Jahr Unfallopfer aus den verschiedenen Feriengebieten
rund ums Mittelmeer nach Hause, die mit dem Motorrad
ausgerutscht sind und sich auf dem rauen Straßenbelag nicht nur
die Haut, sondern auch das Fleisch von den Knochen geschürft
haben.

Seit Sommer 2005 versucht man allerdings auch in der Türkei
die, schon länger vorhandene Helmpflicht bei Motorradfahrern,
durchzusetzen. So werden immer häufiger Kontrollen gemacht und
wer ohne Helm von der "Trafik Polisi" erwischt wird, muss mit
einer empfindlichen Strafe rechnen. Allerdings gehen selbst die
Gesetzeshüter nicht immer mit gutem Beispiel voran.

Ich habe beim Thema Verkehr auch schon angedeutet, dass die
Verkehrsteilnehmer in der Türkei nach eigenen Regeln fahren,
Rücksicht auf Motorräder steht da ganz weit hinten. LKW-Fahrer
können Motorradfahrer überhaupt nicht wahrnehmen, der
regelmäßige Blick in den Rückspiegel ist ihnen weitestgehend
fremd. Viele Zweiräder sind hierzulande meist schwach
motorisierte Mopeds oder Roller, dass dann ein Motorrad
ernsthaft ein Auto oder einen LKW überholen möchte, wird gar
nicht in Erwägung gezogen. Also werden Motorräder geschnitten,
von der Fahrbahn gedrängelt und leider auch viel zu oft
übersehen und dann überfahren.

Ein besonderes Reizthema für uns sind die vierrädrigen
Motorräder (Quads oder ATV’s). Diese geländegängigen Krachmacher
knatterten, mit Touristen besetzt, täglich mehrmals in Kolonnen
von 5 bis 20 Stück an unserem Haus in Richtung Berge vorbei und
wieder zurück. Angekündigt von einem extra lauten Fahrzeug auf
dem der Fotograf sich in Position bringt, um die besten
Action-Fotos zu schießen. Nur ein Anbieter versorgt seine Kunden
mit der notwendigen Schutzkleidung (Helm, Brust- und
Rückenschild, Ellenbogen- und Knieschoner), alle anderen lassen
ihre Kunden mehr oder weniger so auf die Gefährte, wie man die
Leute am Strand aufgegabelt hat. Mindestens die Hälfte der
Fahrzeuge, die wir sehen, hat kein Nummernschild, also auch
keine Straßenzulassung und natürlich keine Versicherung. Die
Reifen sind oft völlig abgefahren, Plastikteile der Verkleidung
haben dem harten Einsatz nicht standgehalten, sind zerfetzt oder
fehlen völlig. Oft fahren auch Kinder diese Vehikel, da ist
klar, dass diese keinen Führerschein haben. Dabei von gefährlich
zu sprechen ist lächerlich untertrieben!

In Göynük
wurde das Fahren dieser Quads schon vor einigen Jahren wegen
ihrer Gefährlichkeit verboten, danach donnerten sie durch
Kuzdere. Sie lieferten sich mehrspurig Rennen auf den schmalen
Dorfstraßen und fuhren extra Schlenker durch den Kies am
Straßenrand, damit es spektakuläre Staubwolken gibt. Am
wildesten gebären sich die "erfahrenen und ortskundigen Guides"
(Werbeprospekt). Zum Glück sind die Fahrzeuge ja so laut, dass
die Kinder des Dorfes sich rechtzeitig in Sicherheit bringen
können, bevor die Kolonne vorbeidonnert. Im Jahr 2008 konnten
wir endlich einen deutlichen Rückgang der vorbeibrausenden
Quad-Tours feststellen, man hat sie jetzt doch größtenteils ins
Flussbett oder auf abgelegene Waldwege verbannt. Übrigens kostet
der "Spaß" 25 Euro pro Person für eine 2-stündige Tour, geworben
wird mit legalem „Off-Road Spaß“. Einen Führerschein brauche man
nicht und die ersten fünf Minuten (!) zur Übungs- und Probefahrt
seien ausreichend. |