
Gut essen
in Kemer
Wer ein Hotel
mit „all-inclusive“ Programm gebucht hat, der braucht sich um
sein leibliches Wohl eigentlich nicht zu sorgen. Üppige Büffets
verführen dazu, alle Diät Ratschläge in den Wind zu schlagen,
die Waage droht ja nur daheim. Besonders die Kuchenbuffets sind
oft unwiederstehlich. Es soll zwar immer noch
unverbesserliche Meckerer geben, die in den reichhaltigen
Angeboten das Schweinefleisch vermissen, aber dafür machen sie
in der Türkei - einem islamischen Land - Urlaub.
Seitdem
allerdings so viele Hotels "all-inclusive" anbieten, hat ein
großes Restaurantsterben in Kemer eingesetzt. Gab es früher an
jeder Ecke mehrere Lokale der verschiedensten Güte- und
Preisklassen, so sind es heute nur noch relativ wenige und die
müssen auch oft ums Überleben kämpfen. Gute Köche werden ihnen
von den personalhungrigen Hotels abgeworben, darunter leidet
natürlich auch die Qualität der Speisen. Wenn man mal ein
Restaurant findet, dass nicht nur Grillgerichte auf der
Speisekarte hat, kann man sich glücklich schätzen. Konnte man
sich vor einigen Jahren in Kemer noch in Restaurants mit
leckeren Gerichten satt essen und beim Anblick der Rechnung
erfreut feststellen, dass man diese Fülle von Speisen daheim zu
dem Preis nicht hätte herstellen können, so hat die
Teuerungswelle auch die Gastronomie in Kemer voll erfasst. Dazu
kommt die häufige Praxis zweierlei Preise zu verlangen, d.h. die
reichen Touristen können ruhig etwas mehr zahlen, als die
Einheimischen - manche Restaurants nehmen von Deutschen den
Preis in Euro, von Russen in Dollar und von Türken in Lira und
rechnen jeweils 1:1 um. Gerade dieses Preisgebaren hat ja zum
Siegeszug von "all-inklusive" beigetragen, denn damit kann der
Gast viel besser kalkulieren, was ihn der Urlaub tatsächlich
kosten muss. Mittlerweile
sind die Preise höher als in Berlin, wie ich Anfang 2010
vergleichen konnte, so dass wir es uns kaum noch leisten mal
auswärts zu essen, dafür kocht Joe auch einfach zu gut und
gerne.
Die
Einheimischen schätzen für die kleine Mahlzeit zwischendurch die
Kebab- und Pidehäuser, zu finden unter anderem in der
Verlängerung der Hafenstraße stadtauswärts. Überrascht
wird der "Türkei-Kenner", der seine bisherigen Erfahrungen beim
Döner-Stand um die Ecke in Köln oder Berlin gesammelt hat und
nun im Heimatland des bekannten Drehspießes einen "Döner mit
Alles" bestellen will. Statt eines Viertel Fladenbrot gefüllt
mit Salat, Soße und Fleisch, bekommt er seine Mahlzeit auf einem
Teller serviert, dazu Messer und Gabel. Unter einem Berg
Dönerfleisch liegt ein dünnes Brot (Pide) an der einen Seite ein
gemischter Salat und auf der anderen Seite etwas rötliches, dass
ein wenig wie dicker Reis aussieht aber tatsächlich in
Tomatensoße gekochte Weizengrütze (Bulgur) ist. Schmeckt auch
lecker - den "Döner mit Alles" jedoch, den gibt es nur in
Deutschland, denn dort wurde selbiger erst erfunden.
Obwohl Kemer
direkt am Meer liegt, ist Fisch relativ teuer und gute
Fischrestaurants sind sehr rar. Auch verschrecken einige
Fischrestaurants ihre europäischen Gäste durch ihr Preisgebaren:
Da steht auf der Speisekarte nur der Preis für 100g Seefisch,
auf dem Teller liegen dann aber 350g und die Gäste sind über die
extrem hohe Rechnung entsetzt. Hier hilft nur vor der Bestellung
sich genau über den Endpreis aufklären zu lassen, sollte einem
aber trotzdem eine eindeutig überhöhte Rechnung (240 Euro für 2
Personen mit Fisch, Salat und 4 Bier) vorgelegt werden, muss man
sich nicht scheuen die Zabita (Gewerbeaufsicht) zu rufen.
Ein Genuss ist es immer wieder einen
Ausflug nach Ulupinar zu unternehmen und dort in einem der Forellenhöfe
einzukehren. Nicht nur, weil die Fischgerichte so super gut
sind, frische Forelle gegrillt oder gebraten, sondern weil die
Lage der Restaurants, im Schatten unter alten Bäumen oder sogar
halb in einen Bach gebaut, eine besondere Atmosphäre bieten. Die
kühle und überaus erfrischende Umgebung ist gerade für Europäer
ein wahrer Segen, wenn diese erst mal ein paar Tage bei über 40
Grad im Schatten abgeschwitzt haben.
Den Fisch auf
dem Foto rechts haben wir allerdings nicht in Ulupinar, sondern
auf dem Markt in Kemer gesehen. Sieht der nicht reizend aus, ob
er auch schmeckt? Hier haben sich einige Fischhändler mit festen
Ständen etabliert, wo wir immer gerne für die eigene Küche
einkaufen.
Beim Kauf von
Lebensmitteln in den kleinen Bakals, die hiesigen "Tante Emma
Läden", ebenso wie in den großen Supermärkten muss man unbedingt
auf das Herstellungsdatum (Üretim Tarihi, kurz ÜRT) und das
Verfallsdatum (Son Kullanma Tarihi, kurz SKT) achten. Für einige
Lebensmittel, wie z. B Butter, ist eine extrem lange Haltbarkeit
von 6 Monaten angegeben. Bis dahin ist die Butter aber ranzig.
Von den Geschäften wird die Haltbarkeit kaum kontrolliert und so
stößt man häufig auf überlagerte Waren.
Es gibt
aus unserer Sicht noch ein „kleines Haar in der Suppe“ und das
sind die fehlenden Restaurants mit ausländischer Küche. Auch wenn unser
Bürgermeister immer wieder von Kemer als einer „Weltstadt“
spricht, kann man das für diesen Sektor getrost vergessen. Im
Verlauf der letzten Jahre haben wir haben etliche (Chinesen,
Italiener, Inder) kommen und noch schneller verschwinden sehen,
heute gibt es leider kein einziges mehr. |