
Gewür(t)ze und andere Sachen drum herum
Hier spricht
der „Chefkoch“, Joe, dem mit Übersiedelung in die Türkei das
wahre „Gewürz-Paradies“ versprochen wurde. Einerseits stimmte
das natürlich und ich fand etliche exotische Gewürze, die ich
noch aus dem Haushalt meiner geliebten Großmutter kannte,
wieder. Bei ihr habe ich in ganz jungen Jahren kochen gelernt
und weil sie mit vielfältigen Gewürzen, noch im
Kolonialwaren-Laden erstanden, das Essen sehr schmackhaft
bereitete, verwende ich selbige auch heute noch gerne.
Andererseits sind hier wesentliche, in der bodenständigen
deutschen Küche eingesetzte, Kräuter gänzlich unbekannt. Dazu
später mehr.
In der Türkei
gibt es unzählige Gewürzhändler, die in ihren kleinen Läden oder
auf den Märkten alle Arten von Gewürzen sowie "kuruyemis" (=
getrocknete Speisen: Nüsse, Knabbersachen) und Tees verkaufen.
Die Nase wird betört von den verschiedenen Düften des Orients,
die den offenen Säcken und Gefäßen entströmen. Doch gerade bei
diesen Gewürzangeboten ist Zurückhaltung angesagt. Man weiß
nicht wie lange diese Waren schon lagern oder auch ewig im
„Orbit“ von Markt zu Markt kreiseln. Dabei weiß doch eigentlich
jeder, dass gerade die Qualität von Gewürzen von deren Frische
abhängt.
Neben den
vielen, auch hier aus Übersee importierten Sorten (z.B. Nelken,
Muskatnuß, Pfeffer etc.), empfehle ich ganz besonders
diejenigen, die in den Genuss der hiesigen klimatischen
Verhältnisse (Sonne, lange Reifezeit) gekommen sind und aus
naturnahem Anbau stammen. Bei der Importware kann man
vergleichbare Qualitäten in Deutschland oft günstiger erwerben.
Zu den, meiner Meinung nach, mitnehmenswerten Produkten
zähle ich Lorbeer, Oregano, Rosmarin, Basilikum, Minze, Thymian,
Safran (türkischer, ungemahlen), Sumak (geschrotete
Essigbaumfrucht), Pulbiber (geschrotete Chilischoten,
extra-ordinär-scharf), Cumin (gemahlener Kreuzkümmel), Ingwer
(frisch oder getrocknet), Kümmelpulver (den bei uns bekannten
„normalen“ Kümmel findet man nur selten), Knoblauch (getrocknet,
geschrotet und ungesalzen), Biber (Paprikapulver, scharf oder
süß) und vieles andere mehr. Für einige türkische Gerichte gibt
es spezielle Würzmischungen, die einem experimentierfreudigen
Koch durchaus anzuraten sind.
Ganz besonders gefällt mir auch Granatapfel-Sirup (Nar
Eksisi Sos), den ich vorher auch nicht kannte. Auf dem Markt
bekommt man zwei Sorten, den hausgemachten und den industriell
hergestellten. Von letzterem ist aber abzuraten, denn meistens
sind bei diesem Farb- und Konservierungsstoffe zugesetzt, was
dieser türkischen Spezialität den natürlichen Charakter nimmt.
Man kann ihn ähnlich wie Balsamico einsetzen wobei jedoch die
süß-saure Note noch ausgeprägter ist. Also lässt er sich für
alle derartigen Würzungen einsetzen z.B. bei Gemüsesalaten,
Hühnchen süß-sauer, Rotkohl, Linsengerichten und auch ein
Esslöffel davon auf eine Kugel Vanilleeis ergibt einen
unvergleichlichen Geschmack.
Einen Anspruch auf Vollständigkeit habe ich nicht, bin aber
gerne bereit über die Märkte zu schlendern und Tipps zu geben.
So wachsen hier z.B. auch herrliche Wacholderbeeren, doch sind
diese kaum im Handel. Neben dem phantastischen Bergrosmarin,
nicht vergleichbar mit dem bekannten „Abklatsch“ aus dem
heimischen Garten, kann man diese „Kostbarkeiten“ bei
Wander- oder auf
Bergtouren mit uns sogar
selber suchen und sammeln.
Wer sich
mangels Sachkenntnis und/oder in Ermangelung eines andern
Mitbringsels, eine fertige Auswahl abgepackter Gewürze mitnehmen
möchte
und zu den speziellen "Touristenmischungen" greift, sollte immer
nach Hersteller, Abfüll- und Verfallsdatum suchen. Findet man
diese Angaben auf der Verpackung nicht, so ist vom Kauf
abzuraten. Oft zeigen auch die bleichen Farben ein nicht mehr
ganz so frisches Alter an und man greift lieber zu einer Packung
aus der hintersten Ecke.
Kauft man
getrocknete Früchte, so sollte man diese vor dem Verzehr
waschen. Es gibt neben vorher nie gesehenen Arten von Rosinen
und Korinthen, herrliche getrocknete Aprikosen, Feigen und
Datteln. Bei dem reichhaltigen Angebot an Nüssen kann man auch
zulangen, allerdings sind hier einige Preise (besonders bei
Mandeln) erheblich höher als in Deutschland, auch so ein
Geheimnis hinter das wir noch nicht gekommen sind. Die Türkei
ist einer der Weltmarktführer in der Produktion von Haselnüssen,
die überwiegend aus der Region am Schwarzen Meer stammen, was
sich in den Preisen auf dem hiesigen Markt leider nicht wieder
spiegelt.
Die Auswahl an getrockneten Früchten und Kräutern für Tee
ist sehr vielfältig und auch wir kennen noch längst nicht alle
Sorten. Dabei lohnt es sich wirklich nicht die bunten
Instantmischungen aus Zucker, versetzt mit Aroma- und
Farbstoffen, zu kaufen. Besonders bei Apfel- und Granatapfeltee
sollte man nur die leicht erkennbaren Naturprodukte erwerben.
Wem der herbe Geschmack des letzteren nicht zusagt, kann beide
Sorten mischen, zu empfehlen sind beide.
Zurück zu den fehlenden Ingredienzien aus der heimischen
Küche vom Anfang. Da wird z. B. schmerzhaft
Bohnenkraut vermisst, was man zu grünen Bohnen mit Hammelfleisch
braucht. Darüber hinaus fehlen Meerrettich, Liebstöckel
(Maggikraut), Beifuss und bestimmte exotische Würzmischungen
(China, Thai) sowie etliche Sorten getrockneter Pilze. So müssen
wir denn schon unsere „Versorger“ ums Mitbringen bitten.
Dankenswerter Weise hat es also so einen richtigen
„Gewürznotstand“ noch nicht gegeben und sei es das Einlegegewürz
für Gurken!
Mit meinem neuen Kochparadies bin ich überaus zufrieden,
fehlt es uns (dank netter Kuriere) doch nicht einmal an Bockwurst, hergestellt in
meinem Geburtsort! |