

Sinnvoll beschäftigen im Urlaub –
Steine sammeln am Strand
Vorab bemerkt, vergessen Sie fast
alles, was Sie bisher über das Sammeln und Mitnehmen von Steinen
aus der Türkei gehört haben (Kind findet Stein, Papa kommt ins
Gefängnis…). Der Fall wurde überwiegend nicht richtig
dargestellt, um ihn für Horrormeldungen auszuschlachten, denn
nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht für die
„Journaille“! Sollten Sie einmal in Zweifel darüber geraten, ob
Sie einen eben gefundenen liebgewordenen Stein mit nach Hause
nehmen dürfen, sollten Sie sich im Antiken-Museum von Antalya
ein entsprechendes Zertifikat ausstellen lassen oder diesen
besser an Ort und Stelle belassen. Diese Einleitung ernst
genommen und unter Beachtung der folgenden Hinweise ist das
Sammeln von Steinen ein sehr sinnvoller Zeitvertreib, der
bleibende Urlaubserinnerungen schafft.
Wir leben hier ja in einem
„steinreichen“ Land und da überkommt es mich, Joe, des Öfteren
diese aufzulesen und in unser türkisches Heim zu schleppen. Das
scheint den alten „Trieben“ aus meiner frühen Jugendzeit an der
Ostseeküste geschuldet, denn dort habe ich auch schon eifrig
gesammelt, vornehmlich Fossilien, die es in Hülle und Fülle gab.
Hier in Kemer ist das anders, Fossilien findet man nur sehr
selten. Auch sind diese, wie insbesondere archäologisch
wertvolle behauene Steine oder altertümliches Steinzeug,
ausdrücklich nicht zur Mitnahme freigegeben!
Zuwiderhandlungen werden nach türkischem (auch nach
internationalem) Recht drakonisch bestraft. Also Hände weg von
Steinen beim Besuch antiker Ruinen und auch außerhalb von nicht
extra ausgewiesenen historischen Stätten!!
Etwas anders verhält es sich mit
auf natürlichem mineralischen Wege entstandenen Steinen, die man
am Strand findet, im Sommer öfters auch mal verflucht, die bei
Strandwanderungen im Winter jedoch trockenes und sauberes
Schuhwerk gewährleisten. Damit meine ich natürlich nicht
Edelsteine sondern mehr oder weniger einfache „Klamotten“, halt
ordinäre Kieselsteine, deren Wert einzig und allein darin
besteht, dass sie infolge individueller Kriterien einen
persönlichen Wert bekommen (selbst gefunden und aufgesammelt)
oder dem geologisch Interessierten als Beleg besonderer
erdgeschichtlicher Vorkommnisse dienen. Darauf kommen wir in
einem anderen Kapitel wieder zurück, denn die geologischen
Gegebenheiten in unserer unmittelbaren Umgegend sind
einigermaßen vielschichtig und durchaus betrachtenswert. Solche
Steine unterliegen keinen besonderen Ausfuhrbestimmungen, also
sammeln Sie diese und werden, manchmal auch durch ehrliche
Kinderarbeit, steinreich!
Aufgrund der großen Toleranz
meiner lieben Frau Ina kann ich der Sammelwut ausgiebig frönen
und so befinden sich auf allen Ebenen unseres Hauses Unmengen
von Steinen. Die allermeisten davon sind solche, die ich während
ausgiebiger Strandbesuche zwischen Antalya und Mavikent aufgesammelt habe. Über die Jahre habe ich dabei verschiedene
Methoden der Systematisierung (natürlich nach meinen laienhaften
individuellen Maßstäben) entwickelt. Einige, von denen ich
glaube, dass man auch ungeduldige Kinder prima damit
beschäftigen kann, werde ich Ihnen nun vorstellen. Auch meine
13-monatige Enkelin, die ihren Opa besuchte, war von der
überwältigenden Menge und Vielfalt an Steinen am Strand hin- und hergerissen sowie endlos begeistert darin herumwühlen zu dürfen.
Doch nun zur Sache.
Einleitend sei gesagt, dass die
Vielfalt der zu findenden Steine an Größe, Farbe, Form,
Musterung, Maserung und und … jene, der an Ost- oder
Nordseeküste anzutreffenden, bei weitem übertrifft. Dreimal
dürfen Sie raten warum das so ist!? Die Zahl der sich daraus
ergebenden Kombinationen ist schier unendlich und immer wieder
überraschend bis verblüffend. Dabei schließe ich von vornherein
die Größe als eher triviales und unbedeutendes Sammelkriterium
aus. Das soll nicht heißen, dass selbst farbiger Kies, aus
feinsten Steinen bestehend, nicht auch seine Reize hat. Für die
im Weiteren beschriebenen Klassifizierungen habe ich mich bemüht
geeignete Beispiele im Foto zu präsentieren. Mit meiner Auswahl
erhebe ich natürlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit,
denn, dem Schöpfer sei Dank, sind der Natur und der menschlichen
Phantasie keinerlei Grenzen gesetzt.
Hier nun einige meiner
persönlichen Favoriten:
- Farbenvielfalt – natürlich
dominiert weiß, meist rundlich und oval, durch die Wellen
chaotisch über den Strand verteilt oder nach Größe fraktioniert
bandartig am Ufer angehäuft und das nach jedem Sturm immer
wieder neu.
- Maserung und Marmorierung
–
oder „ein Strich kein Strich“ auch kreuzweise, rund, oval oder
verschlungen auch mal erhaben oder als Rille. Oftmals erinnern
mich diese an den schier unlösbaren Wirrwarr von Linien auf
Schnittmusterbögen, welche es im Hause meiner geliebten
Großmutter für alle Arten von Bekleidung gab.
- Formung durch
Meeresaktivität – unendliche Gestaltungsvarianten durch
Abschleifen denen man nach Belieben Deutungen zuordnen kann.
Dabei erweist sich Marmor weniger resistent als die daneben
befindlichen Steinarten wodurch eigentümliche Ein- und
Abschnürungen entstehen.
- Marke “Segelboot“
- eine
besondere Formgebung, die ich des Öfteren finde, meist mit
schwarzem Rumpf aber manchmal auch umgekehrt. Welch bessere
Assoziation zum Meer könnte es geben!
- Sandwich-Strukturen
– „Bemme
mit und ohne Belag“ zwischen Schwarz- und Weißbrot wechselnde
Wurst- oder Käseimitationen, ganz und gar aus Stein!
- Sedimente – am Strand meist
langweilig grau doch variierend in der Körnung. Manche haben
eigenartige Einschlüsse, die wie verrostetes Eisen aussehen;
dafür habe ich noch keinerlei Erklärung.
- Ergussgestein - aus
tektonischen oder vulkanischen Ereignissen herrührend, dunkel
und geheimnisvoll dabei farblich auffällig gut den feurigen
Ereignissen angepasst.
- Erzhaltiges Gestein – meist
dunkel blau-grün auf Chromerz hindeutend (in dieser Gegend
häufig, wurde bis 1960 auch abgebaut), interessant gemasert und
schimmernd.
- Durchscheinende Abarten -
in vielerlei Varianten ohne jedoch Kristallqualität zu
erreichen. Leider findet man das Gold der Ostsee, Bernstein,
auch nach den heftigsten Stürmen nicht und so haben wir über die
Jahre kein Krümchen entdecken können, schade.
- Muscheln als Sonderform
– am
Besten zu finden in Phaselis oder Adrasan im Winter und während
der Vorsaison. Wer gut tauchen kann, findet sie im Sommer auch
am Meeresgrund.
- Überreste neuzeitlicher
Bautätigkeit - als Bauschutt an Flussufern verkippt und dann ins
Meer gespült. Von diesem dann in vielerlei Variationen geformt
sind solche "Artefakte" am Strand wieder zu finden, nicht häufig
anzutreffen aber trotzdem interessant.
- Glasscherben - wie sie
meistens an den Stränden der Einheimischen zu finden sind,
zählen nicht unmittelbar zum Sammelgut, gemahnen jedoch
daran niemals barfuss auf die Jagd nach Steinen gehen!
- Aquariums-Steine – zur
Dekoration des heimischen Aquariums findet man natürlich auch
eine Unmenge sehr dekorativer Formen. Deren Auswahl überlasse
ich allerdings den Spezialisten.
Noch einige Tipps wie man den
Glanz der „Findlinge“ wiederherstellen, verfeinern und erhalten
kann. Steine, die nass sind, funkeln in der hellen Sonne
besonders kräftig, verlieren aber ihren Glanz sobald sie
getrocknet sind und sehen dann gar nicht mehr schön und
mitnehmenswert aus. Doch an die Sache muss man mit etwas
Köpfchen herangehen, dann erstrahlen sie für immer. Es ist klar,
dass durch das Salzwasser matte Ablagerungen entstehen, die man
im ersten Schritt mit Leitungswasser und einer Handwaschbürste
beseitigen sollte. Danach lässt man die Steine porentief
trocknen, Eile ist fehl am Platze. Nach dem ausgiebigen
Abwischen mit Küchenpapier, beginnt die Behandlung mit
Siliconspray (auch Auto-Schlossspray ist geeignet).
Gegebenenfalls muss man diese Prozedur mehrfach wiederholen.
Danach glänzen die Steine im natürlichen „Teint“, sind aber für
Kinder zum Spielen nicht mehr geeignet.
Weitergehende Behandlungen in
Poliermaschinen oder mittels starker Säuren sind doch eher dem
Profi vorbehalten. Meine laienhaften Versuche matte Schichten
mittels Essig oder Zitronensaft zu entfernen sind jedenfalls
fehlgeschlagen. Daher liebäugele ich doch eher mit der
Beschaffung einer Poliermaschine, um das „Feuer des
Mittelmeeres“ so richtig zum Funkeln zu bringen.
Bei den Muscheln sollte man
bedenken, dass die Gehäuse bewohnt waren und beim Auffinden oft
auch noch sind. Das setzt beim normalen Trocknen sehr
unangenehme Gerüche frei, denen man am Besten durch Abkochen und
anschließender völliger Durchtrocknung beikommt.
Spätestens beim Kofferpacken wird
man feststellen wo sich die Grenze auftut, denn das Gewicht, des
für Joe mitgebrachten Sixpacks (natürlich Hefeweizen!!), ist
schnell erreicht weil auch andere Mitbringsel noch Platz
benötigen. Dann noch ein Photo vom "Sammelsurium" schießen und
mit "Mut zur Lücke" nur die allerschönsten Steine mitnehmen.
In diesem Sinne erfolgreiches
Sammeln, Einordnen, Aufhübschen und freudige Erinnerungen an
einen schönen Urlaub an der Lykischen Küste.
Ihr „steinreicher
Klamotten-Freak“, Joe
PS: Um Joes Wissensdurst zum Thema
"Steine" zu stillen, besuchten wir am 30.11.2007 in Antalya die
"First Anatolia Stone Fair", eine große Messe zum Thema Steine.
Es ging aber hauptsächlich um Marmor und Marmor und nochmals
Marmor - wir fanden nur ein paar kleine Steine. Und falls noch
jemand ein nicht mehr gebrauchtes Buch über Steine und
Mineralien im Schrank stehen hat, einpacken und dem Joe
mitbringen! |