
Kuzdere Kuzdere
war bisher noch ein unabhängiges Dorf, aber es wurde zum 1.
Januar 2009 nach Kemer eingemeindet. Was sich dadurch alles
ändert, wissen wir noch nicht und können nur hoffen, dass unser
Dorf nicht so verstädtert wird wie der Nachbarort Aslanbucak.
Von der Fläche her ist Kuzdere wesentlich größer als Kemer,
gehören zum Ort doch auch die Almen bei Gedelme in den Bergen.
Als allererste Maßnahme spendiert die Stadt Kemer Asphalt für
die maroden Dorfstraßen, kein Wunder, herrscht doch
Straßen-Wahlkampf.
Wahrzeichen
von Kuzdere sind die "Karataş" (sprich Karatasch),
schwarze Felsformationen, die mitten aus dem ehemaligen
Flussbett aufragen und auch bei Bergsteigern beliebt sind.
Allerdings sollte man auch hier immer sein Handy dabei haben,
damit man sich wie der eine Bergsteiger vor ein paar Jahren,
notfalls mit dem Hubschrauber vom Gipfel aus Bergnot abholen
lassen kann. (Eine Stunde Hubschrauber chartern kostet ja nur
1000
Euro). Die Karatasch sind ein beliebtes Wanderziel, aber auch mit
dem Dolmus von Kemer aus gut zu erreichen (pro Strecke 1 Lira).
Selbst wenn man sie nur ein kleines Stück raufklettert (feste
Schuhe!) hat man gute Ausblicke in die Umgebung. Beim Klettern
im Sommer sollte man daran denken, dass es in der Gegend einige
Giftschlangen gibt, die man vielleicht gerade beim Sonnenbaden
stört.
Eine
Kuriosität findet man vor einem Teehaus im alten Ortskern: Hier
kommt Wasser aus einem Baum! Auch sonst zeigt das Dorf ganz
normales türkisches Landleben und ist weitgehend unberührt vom
Tourismus, wenn man mal davon absieht, dass viele neue Familien
zugezogen sind, die in den Hotels und Geschäften arbeiten.
Jeden Donnerstag ist
Markt,
seit November 2009 nicht mehr direkt am Flussufer sondern in
einer Querstraße auf der anderen Seite der Schule. Hierher verirren sich nur wenige Touristen und so
sind die Preise noch weitgehend normal. Die Dorfbevölkerung
kauft praktisch alles, was sie benötigt auf dem Markt.
Außerdem gibt es aber auch alle paar hundert Meter einen Bakkal
(Lebensmittelladen), für die Dinge des täglichen Bedarfs.
Die
Grenze zu Kemer bildet der Fluss, der im Winter binnen Stunden
zu einem reißenden Strom werden kann, im Sommer aber immer
austrocknet und als Kiesgrube genutzt wird. Ende Dezember 2003
gab es tagelange schwere Regenfälle in den Bergen und das
Flussbett konnte die Wassermengen nicht mehr schnell genug ins
Meer ableiten, die beiden Brücken über den Fluss wurden
weggerissen, ebenso wie einige Häuser und Gewerbebetriebe, die
zu dicht am Ufer standen. Das Flussbett ist heute viel breiter
als vor der Flut. Inzwischen hat man zwei neue Brücken gebaut
und letzten Winter haben sie den Fluten standgehalten.
Doch so ganz scheint man dem
Frieden nicht zu trauen und so wurden im Herbst 2005 an der
großen Brücke (neben der Schule) noch lange und starke
Flügelmauern
errichtet, welche die Wassermassen von den
Brückenfundamenten am Ufer fernhalten sollen. Anscheinend war man von
dem Ergebnis so begeistert (oder hatte noch Geld im Jahresetat
übrig), dass man am 6. Dezember auch noch mit Bauarbeiten an der
oberen (kleineren) Brücke angefangen hat. Sie soll verbreitert
werden, zwei zusätzliche Durchlässe bekommen und ebenfalls durch
massive Seitenmauern geschützt werden. Dazu hat man jetzt erstmal
die Straße gesperrt und die
Brückenzufahrt auf der Kuzdere Seite entfernt um hier die neuen
Durchlässe einzufügen. Es wird nun Tag und Nacht mit schwerem Gerät
gearbeitet, um noch vor den winterlichen
Regenfällen fertig zu werden. Mal sehen, ob diese Rechnung
aufgeht. Verglichen mit der unteren Brücke schien uns die obere
von Anfang an unterdimensioniert zu sein. Es standen
nur fünf Durchlässe gegen siebzehn.
Wie wir wissen verfügt das hiesige
Wasser wirklich über einige Besonderheiten. So dachte man auch
beim Einbau unserer Badewanne, dass es bergauf laufen müsste und
neigte diese so, dass der Abfluss nicht an der tiefsten Stelle liegt. Verdammte
Wischerei nach jeder Benutzung! So ähnlich ergeht es auch dem Flussbett. Unkontrolliert den ganzen Sommer über
als Kiesgrube geplündert, wird
der Querschnitt verengt und das Wasser läuft Zickzack hin und
her und unterspült alle paar hundert Meter die Ufer, statt mit
einer gebahnten Rinne von diesem fern gehalten zu werden. Wenn es
dann soweit ist und die Flut kommt, werden eilends aus den umliegenden Bergen Steine
heraus geholt und an den Böschungen abgekippt. Das damit die
terrassenartige Hangstruktur zerstört wird und das Regenwasser
nun noch schneller in den Fluss schießt, wird in Kauf genommen.
Der befragte Wasserbauingenieur wusste jedenfalls nichts von
solchen Problemen.
So ist das halt mit unserem Wasser, es hat doch immer wieder
Überraschungen parat. Wir werden diese "feuchtfröhliche" Sache
im Auge behalten und berichten.
Mitte 2008
haben wir eine kleine
Diashow zu "unserem Fluss", dem Ağva
(sprich Ah-wa), zusammengestellt. Meistens sieht man ja gar
keinen Fluss, sondern nur das steinige Flussbett. "Wo kommen
denn hier die vielen Steine her? - Die bringt der Fluss aus den
Bergen mit! - Welcher Fluss, ich sehe nur Steine, wo ist denn
der Fluss? - Der ist gerade in den Bergen, Steine holen!" Wie
bereits erwähnt, manchmal ist da ein reißender Fluss, aber die
letzen Winter waren sehr trocken. Hoffentlich hat sich da der
eine oder andere hiesige Häuslebauer nicht arg verkalkuliert und
die Kraft des Wassers unterschätzt. Im Sommer 2007 haben Joe und
mein Sohn Thomas mal den oberen Teil des Flusslaufes erkundet,
da "wo er die Steine herholt". Lesen Sie
hier den Bericht zur Canyon Tour.
In der Nähe unseres Hauses entstand in
den letzten Jahren ein neuer Ortsteil mit etlichen
Mehrfamilienhäusern. Jetzt bekommen diese Häuser auch eine
richtige Zufahrtsstraße. Bilder von den Straßenbauarbeiten 2006
hier, eine neue Straße für uns
2008 hier und 2009 schließlich
als Straßen-Wahlkampf.
Zum Leben in einem Dorf gehören
auch Feste und Feiern, hier Bilder
von einer Dorfhochzeit. Wir wissen, dass wir als Ausländer
nicht in die türkische Gesellschaft integriert werden, aber wir
freuen uns, wenn man uns akzeptiert und zu großen und kleineren
Festen einlädt.

2012
Neues vom
Agva
Von Zeit
zu Zeit berichten wir über Projekte und Arbeiten am Flussbett
des Agva, der im Falle des Falles auch uns betrifft, sei es mit
Hochwasser oder davon weggespülten Ufern.
Nun ist es
mal wieder an der Zeit, denn ein "Hochwasserschutz-Projekt" wird durchgeführt. Flussabwärts unterhalb von Kuzdere
und Aslanbucak laufen, unter Einsatz eines enormen
Maschinenparks, umfangreiche Arbeiten im Flussbett. Die
Uferböschungen werden begradigt, mit großen Steinen befestigt und
es werden etliche Staumauern am Flussgrund eingebaut.
Unsere
Diashow gibt einen ersten Eindruck, denn die Arbeiten laufen
noch. Angesichts der herrschenden hohen Temperaturen (bis zu
42°) haben wir einige Hochachtung vor den Arbeitern, da es für
sie keinen Schatten gibt. Wie der verwendete Beton mit den hohen
Temperaturen klar kommt, bleibt abzuwarten.
Wir haben
ja bereits seit 2005 eine Staumauer in der Kesme Boğazı
Schlucht oberhalb des Dorfes, die jedoch wegen
totaler Verlandung kaum noch Nutzen für den Hochwasserschutz
bringt. Da wurden die mit den Fluten angeschleppten Kies- und
Geröllmassen vielleicht etwas unterschätzt. Im Lauf der Jahre
haben wir öfters mit ansehen müssen, wie die das Hochwasser nach
starken Regenfällen in den Bergen Kuzdere bedrohten. Deshalb
ist es für uns nicht wirklich nachvollziehbar, warum man unter den Titel
"Hochwasserschutz" das Wasser nun mit einem Dutzend
Staumauern in Richtung der Orte zurück stauen will,
statt für einen zügigen Abfluss in Richtung Meer zu sorgen. Wir
befürchten, dass die in
den Staumauern eingebauten kleinen Durchlassrohre sehr schnell
mit Kies verstopft und keine Entlastung
mehr bringen werden .
Durch die
Bauarbeiten kommen an einigen Stellen die Sünden
des früher am Flussufer verkippten Mülls wieder zu
Tage. Da können wir nur hoffen, das die ergriffenen drastischen
Maßnahmen zur Uferbefestigung die weitere Verkippung eindämmen werden.
Da es gegenwärtig keinen Tropfen Wasser im betreffenden
Flussabschnitt gibt, können wir über die konkreten Auswirkungen
der Baumaßnahmen noch nichts sagen. Der Winter und damit das
Wasser kommen garantiert wieder und dann werden wir weiter
berichten.
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Arbeiten im Flussbett 2012 |
Der Staudamm in der Schlucht
2005-2011 |
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