
Am 15. Juni 2006 war so richtig was los in Kemer: Die Eröffnung
des Kemer-Karnevals mit einem großen Festumzug stand an. Beginnen
sollte es um 21 Uhr an der Post und wir hatten uns schon eine
Stunde vorher auf den Weg nach Kemer gemacht. Da konnten wir
schon sehen, dass etliche Einwohner, selbst aus unserem
"Zentraldorf" Kuzdere, mit Kind und
Kegel das gleiche Ziel hatten.
Einen ersten Vorgeschmack auf die
Festivitäten erhielten wir bereits unterwegs durch den Festwagen
unseres Baumaterialien-Händlers "Gaziogullari", ein geschmückter
Tieflader, mit mächtig vielen Leuten sowie Trommlern und Pfeifern
besetzt,
unterwegs zum Aufstellplatz. Alle hatten bereits enorm viel
Spaß!
Nach einer kurzen Runde durch die
Stadt, um nach einem guten Fotopunkt Ausschau zu halten, endeten
wir schließlich auf dem Mittelrondell zwischen Dörtyol Cad. und
Atatürk Blv. also da, wo jetzt das Granatapfeldenkmal steht.
Ich balancierte auf der 15 cm breiten Bordsteinkante und Joe
stand hinter mir und hielt mich fest, damit ich nicht plötzlich
auf die Straße und vor eines der Festfahrzeuge purzelte. Bei dem
Gedränge und Geschiebe inmitten der jubilierenden einheimischen Massen, war das auch dringend notwendig!
Verschiedene Volkstanzgruppen
führten den Korso an. Wir trafen auch die Kinder der türkischen
Folkloregruppe vom letzten Jahr wieder und konnten denen nun
sagen, dass ihre Bilder im Internet weltweit zu sehen sind! Aus der Partnerstadt Schwabach war
der Karnevalsverein mit Prinz und Prinzessin sowie
den Funkenmariechen angereist. Dann wurden die hypergetunten
Motorboote, Teilnehmer des diesjährigen Speed-Boot-Rennen, auf Anhängern
gebettet, durch
die Massen gezogen. Dahinter hatten sich die Veranstalter der
Karneval-Verkaufsveranstaltung in ihrer Stretch-Limousine einen
Platz gesichert. Die war leider sooo lang, dass sich unsere Kamera weigerte,
dieses Motiv während des Defilees scharf zu stellen!
Dann hielt direkt vor uns ein
fast leerer Festwagen, auf dem nur einige Kinderschaukeln müde
an einer
Stange pendelten. Sofort fragten die umstehenden Mütter, ob
ihre Kinder nicht auf diesem Wagen mitfahren dürften? Aber
leider nein,
derselbe war für die Miss-Modells aus dem Bus dahinter
auserkoren. Und da
stiegen sie auch schon aus und platzierten sich unmittelbar vor
unserer Nase (zum Greifen nahe) rund um die Schaukeln. Sie trugen alle die gleichen
knappen Höschen (alle in Einheitsgröße) und so etwas ähnliches
wie ein Bikini-Oberteil. Ist schon verblüffend, dass die
auserwählten schönsten Frauen der ganzen Welt alle gleich groß
und mit einer einheitlichen, recht unterernährten, Figur
gesegnet sind. Wahrscheinlich nur der reine Neid, der da aus
mir spricht (163, 90 - nicht Umfang, sondern Größe und
Gewicht). Joe meinte: "Alles Hungerharken, da reißt man sich ja
einen Splitter ein!" Unterscheiden konnte man sie nur anhand der
Schärpen, die den jeweiligen Titel nannten: Außer Miss-Romania, Miss-Gana, Miss-Volga usw. glaubten wir auch Miss-Raten, Miss-Gelungen, Miss-Gelaunt und weitere Miss-Gestalten erkannt zu haben. (Au weija,
das ist Satire!!!)
Es folgte ein bunter Reigen von
Festfahrzeugen einiger Hotels, auf denen sich die hauseigenen
Animationsteams mehr oder weniger bunt bemalt zur Schau
stellten. Das kleinste Fahrzeug war ein geschmückter Rasenmäher,
das größte der riesige Arcelik Truck, glücklicherweise schmissen die
keine Waschmaschinen und Kühlschränke unter das Volk.
Etwa 45 Minuten dauerte es bis
der gesamte Festumzug unsere Stelle passiert hatte. Die
Organisation am Aufstellplatz war etwas chaotisch, da hatten
sich wohl noch zu viele in letzter Minute entschlossen
teilzunehmen und wurden aus irgendwelchen Ecken, durch in jeder
Richtung hin tätige (Selbsternannte Autoritäten) in den Zug
eingeschleust. Die zahlreichen Polizisten hatten mehr als alle Hände voll
zu tun, den Festfahrzeugen immer wieder eine Schneise durch die nach(d)rückenden Zuschauermassen zu bahnen. Zum Glück wurden
wenige "Kamelle" (Bonbons etc.) geschmissen. Die vielen Kinder
hätten sich auch unter jeden Truck gestürzt, um etwas zu
erhaschen, denn feste Absperrungen gab es nicht.
Soweit wir diese Gaudi mitbekommen
haben, war es wieder der alljährliche Höhepunkt einer "Kemeraner"
Volksbelustigung, vorrangig für die Einheimischen gedacht.
Früher hieß das auch schon mal "Brot und Spiele", insofern wird
also antiken Bräuchen (Feuerwerk inbegriffen!) wieder
nachgeeifert.
Auf dem Festwagen eines Hotels
wurde auch auf die Sehenswürdigkeiten von Kemer Bezug genommen.
Ist der neue Turm auf dem "Meydan" nun eine Ruine oder ein
Wachtturm?
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