
Bergtour rund um den Tahtali
Na, dieser
Sonntag fing ja wieder mal gut an: Frühstück verpennt aber große
Pläne für eine Tour in die Berge im Hinterstübchen. Natürlich,
wie immer, das Wetter toll und am „wolkenlosen“ blauen Himmel
trieben, gemischt mit freundlich grüßenden „watteweißen“
Quellwolken, nur ab und zu große graue Regenwolken um unseren
Tahtali. Der seit drei Tagen
anhaltende Ostwind hatte den sommerlichen Dunst von den Bergen
geweht und es herrschte eine gute Fernsicht. Was soll ich
anziehen, oben könnte es ja stürmen und oder gar regnen! Nur zu,
meint Joe und so lasse ich es bei Klapperlatschen (natürlich
nicht nachahmenswert!) und dünnster Sommerbekleidung. Es war
Ende August 2007 und das Wetter blieb uns auch oberhalb von 1500
Metern hold.
Wie wir in
den vergangenen Tagen im lokalen „Tageblatt“ (Kemer
Gözcü) lesen konnten, wurden die
Bauarbeiten an den Straßen zu den Bergdörfern abgeschlossen und
dabei zahlreiche Rohre als Wasserabfluss eingebaut. Nur an der
Zufahrtsstraße durch die Schlucht seien noch kleinere Arbeiten
zu erledigen. Das mussten wir auch gleich mal testen, denn seit
etlichen Wochen hatten wir die Strecke aufgrund zahlreicher
Probleme im Zuge der Straßenverbreiterung gemieden.
Ja, die
dicken Rohre für die Wasserdurchlässe waren verlegt, nur die
Wirkung auf die Straßenlage war auch in der gegenwärtigen
Trockenzeit (so etwa seit 100 Tagen kein Tropfen Regen!),
gelinde gesagt, „erschütternd“ und wird bei Regen wegen des
ausgeprägten „Buckelcharakters“ zu etlichen Überschwemmungen auf
der Straße führen. Manchmal glauben wir wirklich, dass Wasser
hier bergauf fließen müsste, um den baulichen Gegebenheiten zu
entsprechen, oder vielleicht doch umgekehrt? Es fehlen halt nur
noch 20 cm Asphalt über eine Strecke von etwa 5 km bis zur alten
Brücke. Die dickste Schicht, die wir je gesehen haben, übertraf
selten 2 cm.
Nachdem wir
diese Ausbaustrecke im Schritttempo passiert hatten, ging es
vorbei an geschätzten 50 Quad-Motorrädern,
die an der alten Brücke geparkt waren und deren Fahrer sich dort
in den kalten Fluten tummelten. Allein Blick auf den Zustand der
Reifen ließ uns nur den Kopf schütteln, wie kann man sich mit
solchen Dingern ins Gelände wagen? Mindestens die Hälfte hatten
keine, der auch hier vorgeschriebenen
KfZ-Kennzeichen, sind also wahrscheinlich weder
angemeldet noch zugelassen und damit auch nicht versichert.
Doch nun mal
„Stoff“ und hoch hinauf in die Berge, ja denkste, die fast
fertige Straße hat noch weitere Überraschungen für unser „Normalo-Auto“
parat. In einem Anfall von „Wasserableitungswut“ hat man an vier
Stellen die Straße komplett weggerissen und eine „Fahrspur“
irgendwie durch Wald, Fels, Steine gebahnt und baut nun große
Tunnel zur Entwässerung. Wir hoffen, dass unsere Bilder einen
kleinen Eindruck vermitteln können, echt krass (nicht voll
korrekt) und hart an der Grenze der Zumutbarkeit, zumal es unten
keinerlei Hinweis darauf gab, halt „fast fertig“.
Seit der
Oktober-Flut vom letzten Jahr können wir die Ehrfurcht vor der
Gewalt herabstürzender Wassermassen ja sehr gut verstehen, doch
die großen Verwüstungen von damals lagen an total anderen
Stellen! Wir haben diese besichtigt. So quälen wir uns also bis
Gedelme und dann weiter in Richtung
Gül-Mountain Hotel bergan. Von
befahrbarer Straße kann für uns keine Rede sein, was natürlich
die Jeeptour-Anbieter in Kemer nur
freuen wird. Eine neu ausgebaute Straße konnten wir auf unserer
Tour nicht wirklich finden. Bleibt zu hoffen, dass vor Anbruch
der Regenzeit (Winter) noch einiges verbessert wird und wir
unseren Wintergästen den überaus malerischen Taurus mit seinen
schneebedeckten Dreitausendern bei klarer Luft zeigen können.
Diesmal wäre das mit mehr als zwei Personen in unserem Auto
unmöglich gewesen. Natürlich versäumen wir es nicht, „unserem“
Berg die Referenz zu erweisen und wer richtig hinschaut erkennt
sogar eine aufwärts strebende Gondel der Seilbahn.
Glücklich im
Hotel angekommen und nach Kaffee oder Bira,
gestärkt, beschließen wir über Altinyaka
und Beycik zurückzufahren, eine
Tour, die wir schon mal, nur in umgekehrter Richtung, gemeistert
haben. Na, wir werden den Weg schon
wiederfinden. Der natürlich nicht gekennzeichnete
Abzweig in Altinyaka, am Trafomast
links rum, hat sich uns richtig eingeprägt und während ich ob
der Straße, sch… mistiger Feldweg, noch maule gibt’s ein
eindeutiges „go
ahead“ von Joe, auch wenn von unten angeklopft wird und
die Räder manchmal durchdrehen. Nach etwa 500 Metern ist das
allerschlimmste Stück überwunden (davon 50m entlang eines
Bergrutsches, ein Rad im Hang, das andere schon fast im
Abgrund). Doch schon geht’s weiter auf „samtig“ geschotterter
Piste. Es muss (könnte, sollte oder hätte) hier noch eine andere
Zufahrt geben. Ich verfluchte zwar Joes ewige
Richtungsanweisungen (rechts, rechts, weiter links…) um den
tiefen Spurrinnen und Auswaschungen ohne Aufsetzer zu entgehen,
muss aber gestehen, dass man gemeinsam übelste Pisten überwinden
kann. Das heißt natürlich, wir und das Auto, oder hätte jemand
etwas anderes gedacht? So erreichen wir eine Hochebene, welche
sich nur durch die üppig grünen Wälder an den Hängen vom
inneranatolischen Pendant unterscheidet. Trocken ist es hier wie
dort und die Viecher links und rechts oder aber auch mitten vor
uns, können das Heu direkt vom Halm fressen. In dieser
eindrucksvollen Landschaft (mal keine Kabel und Leitungen im
Blick) erwartet man an jeder Ecke, das wilde Indianer mit Geheul
oder wenigstens Winnetou mit seinem Kumpel Old Shatterhand um
die Ecke geritten kommen.
Hier oben
gibt es noch zusammenhänge Zedernwälder zu bestaunen, jenem
Baum, der von alters her auch diesem Ufer des Mittemeeres einst
sein Gepräge gab. Deshalb gibt es einige Detailaufnahmen, mit
dessen Urwüchsigkeit, Kraft und eigentümliches Grün, welches
sich wohltuend und überdeutlich von den allgegenwärtigen Pinien
unterscheidet. Die hellgrün auf den Zweigen leuchtenden
Zedernzapfen, haben es Joe besonders angetan. Das ist so ähnlich
wie mit dem (bergauf fließenden) Wasser, die Zedern-Zapfen
hängen nicht, sie stehen, keck anzusehen, oben auf den Zweigen.
Ein paar
Kilometer weiter kommt der Tahtali
endlich wieder mit seiner neuen Top-Verzierung in Sicht, denn
wir haben ihn nun zu etwa 60% umrundet. Nur die Seile und die
Masten sehen wir von hier „hinten“ nicht. Dafür erkennt man
jenen markanten übermächtigen Felsvorsprung, der es bewirkt,
dass man von Beycik aus die
Bergstation nicht sehen kann und demzufolge auch von oben keinen
Ausblick auf das malerische Dorf hat. Jeder mache das Beste aus
dieser naturgegebenen Situation.
Die wilde
Schotterpiste geht es nun, über das Bergdorf
Beycik, stetig bergab in Richtung
Fernstraße D-400 und man kann fantastische Ausblicke auf die
Küste genießen. Tekirova,
Cirali und die „Drei Inseln“, Ziel
der Ausflugsboote und Tauchschulen, kommen in Sicht. Na, und wie
immer kann man neue Baustellen erkennen. In
Tekirova scheint ein neues Stadt(Hotel-)viertel zu
entstehen. Ob der Bürgermeister, seines Zeichens auch Chef der
lokalen Entsorgungsbehörde (GATAB), wohl auch eine erweiterte
Infrastruktur mit angemessener Kläranlage eingeplant hat?
Die Zeit
rennt, besonders wenn man das atemberaubende Tempo (so etwa 5-10
km/h) auf dieser Piste bedenkt und so durchqueren wir
Beycik ohne Zwischenstopp bei
Bekannten, auch knurrt Joe schon mächtig der Magen. Das tut
unserer Freude an der Fahrt durch die fast unberührte Natur mit
frischer Luft, tollen Aussichten und abenteuerlicher Strecke
keinerlei Abbruch. Noch eine halbe Stunde und wir sind zurück in
unserem Dorf.
Fazit: Eine
begeisternde Tour von etwa 4-5 Stunden (je nach Anzahl der
Fotostopps zwischendurch), die man bei trockenem Wetter und
etwas Mut auch mit einem normalen PKW bewältigen kann, so man
den Weg kennt. Sofern es nass ist, muss aber ein ordentlich
bereifter Jeep ran. Damit sind ausdrücklich nicht die
allgegenwärtigen „Samurai“-Klapperkisten
der Jeep-Tours gemeint. Im April und
Mai, wenn alles grünt blüht, auch die Wiesen auf den Hochalmen,
muss es eine wahre Wonne sein, hier entlang zu fahren,
ausreichend Getränke und Proviant vorausgesetzt. Zwischen
Altinyaka und
Beycik gibt es keine Lokalitäten, die vom
Tour-Guide als „Muss“ angepriesen
werden und den Blick auf die wundervolle Natur durch den Blick
in den Geldbeutel beieinträchtigen. Wir werden diese Tour dann
bestimmt noch einmal machen!
|